Takt&Taktlos: Der neue Kulturkonservativismus und »Weimer der Elefant«

Shownotes

Dieses ist der erste Podcast Takt und taktlos von Hannah Schmidt und Axel Brüggemann. Ein Geburtstagsgeschenk zum einjährigen Bestehen von BackstageClassical. Das Format wird ab sofort einmal im Monat aktuelle Themen der Klassikwelt diskutieren.

Wir haben den Podcast vor dem Rücktritt von Joe Chialo aufgenommen – ein großes Thema der ersten Folge ist die Ernennung von Wolfram Weimer zum neuen Kulturstaatsminister der Bundesregierung, als Nachfolger von Claudia Roth. Schmidt seziert Aussagen aus seinem Buch »Das konservative Manifest«. Im Vergleich zur Kulturpolitik in Berlin und München, scheint Hamburg ein Paradies zu sein: Der Kulturetat wird um 11% gesteigert. Das Projekt eines neuen Opernhauses, finanziert von Unternehmer Kühne, erregt dagegen Zweifel bei Schmidt und Brüggemann: Problematisch sei die Finanzierung durch einen Milliardär, insbesondere aufgrund der unaufgearbeiteten Rolle seines Unternehmens in der NS-Zeit und der Wahl eines historisch belasteten Ortes für den Bau. Auch die kulturpolitische Situation in den USA unter Donald Trump wird debattiert. Trumps Übernahme des Kennedy Centers, die Entfernung demokratischer Mitglieder und die Streichung von »woken« Stücken werden kritisiert. Es wird diskutiert, ob europäische Musiker die USA boykottieren sollten. Ein weiteres Thema ist der Niedergang der traditionellen Opern-, Konzert- und Klassikkritik. Der Beruf des fest angestellten Kritikers, der europaweit unterwegs ist, existiert in dieser Form kaum noch. Das ist nicht unbedingt schlimm, finden Schmidt und Brüggemann, da der ästhetische Diskurs sich verlagert habe und Veranstalter sowie Journalistinnen und Journalisten gerade neue, spannende Formen finden. Der Rückgang wird als »eiskalte Rechnung« der Verlage gesehen. Die Debatte um Triggerwarnungen an Theatern wird als Stellvertreterdiskussion für tiefere Verlustängste und die Angst vor gesellschaftlichem Wandel interpretiert. Es gehe nicht um die Hinweise selbst, sondern um die Angst vor Veränderung und den Verlust von Deutungshoheit im Diskurs, da nun auch bisher unsichtbare Lebensrealitäten auf der Bühne sichtbar gemacht und benannt werden. Schließlich beleuchtet die Diskussion über die »alte weiße Rechte« und die »neue junge Rechte«, wie der Verlust alter Machtpositionen kompensiert wird. Während die alten Reaktionäre angeblich in die 1960er Jahre zurück wollen, wird befürchtet, dass die junge Rechte eine noch radikalere und unmenschlichere Welt anstrebt, möglicherweise brutaler, da sie die Konsequenzen vergangener Zeiten nicht erlebt hat.

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.